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Silverpreneure – Wenn Erfahrung auf Wissen trifft

2020 gründete ich mein jetziges Unternehmen – mit fast 52 war ich somit doppelt so alt wie bei der Gründung meines ersten Unternehmens. Um mich herum traf ich auf Unverständnis. Warum sollte ich in diesem Alter noch gründen? Wieso nicht lieber in einen Job gehen? Die Rente wäre doch absehbar? Ich könne doch einen Job machen und mich dann später im Alter mit meinen Hobbys beschäftigen?

Es gibt Menschen, die tauschen Zeit gegen Geld, sitzen ihren Job ab und leben in der Freizeit. Das ist in Ordnung. Es gibt andere Menschen, die haben eine Leidenschaft für ein Thema und wollen im Hier und Jetzt ihrer Berufung folgen. Aber macht das Sinn?

Das muss jede und jeder für sich selbst entscheiden. Ich berate beruflich Menschen, die sich selbstständig machen – meist meine Peer-Group, also Menschen über 50. Manchmal kommt beim Erstgespräch die Frage auf: Soll ich es in meinem Alter noch wagen?

Meine Meinung dazu ist klar: Ja, unbedingt! Denn es gibt viele Vorteile, die diese Menschen mitbringen.

Die Stärken der Silverpreneure

1. Erfahrung als unschätzbarer Vorteil

Erfahrung ist sicherlich die erste Eigenschaft, die einem dazu einfällt. Doch es geht weit darüber hinaus. Die jetzige Generation über 50 hat im Laufe des Berufslebens wohl die größten Wandel der Arbeitswelt miterlebt. Angefangen mit mechanischen Schreibmaschinen, wurden diese gegen elektrische und elektronische bis hin zu Computern getauscht. Von der analogen Recherche bis hin zur KI mussten viele Hürden genommen werden. Von Präsenzzeiten im Büro, vielleicht noch im Großraum, bis ins sogenannte Homeoffice war alles dabei.

Das verlangt sehr viel Anpassungsfähigkeit und Lernbereitschaft. Dies, gepaart mit einem großen Fachwissen und dem Blick über den Tellerrand, ist einfach unschlagbar.

2. Ein starkes Netzwerk als Erfolgsfaktor

Ein weiterer Pluspunkt sind die Vernetzungen, die sich über Jahre hinweg aufgebaut haben. Dank sozialer Medien und Businessnetzwerken ist es heute einfacher denn je, in Kontakt zu bleiben oder neue Verbindungen zu knüpfen. Ein solides berufliches Netzwerk kann für Selbstständige den entscheidenden Unterschied machen – sei es durch Kundenempfehlungen, Kooperationen oder wertvolle Geschäftskontakte.

3. Gelassenheit als Erfolgsgeheimnis

Das größte Geschenk des Alterns ist für mich die Gelassenheit. In diesem Alter hat man schon viele Stürme überstanden – anstatt in blinden Aktionismus zu verfallen, macht man sich eine Tasse Tee und reflektiert über die neueste Katastrophe. Mit kühlem Kopf und Zielstrebigkeit wird dann geregelt, was geregelt werden muss.

4. Finanzielle Stabilität und Freiheit

Die private Situation ist meist ebenfalls geregelt. Die Kinder sind selbstständig oder aus dem Haus. Die Eltern versorgt oder bereits nicht mehr am Leben. Das Haus abbezahlt oder ein alter Mietvertrag sichert bezahlbare Wohnkosten. Ebenso sind viele abgesichert und bringen ein gewisses Eigenkapital mit ein. Man kann sich also auf die Berufung und den neuen Lebensabschnitt konzentrieren.

Auf dem Arbeitsmarkt werden diese Vorteile oft übersehen. In der Selbstständigkeit hingegen können die über Jahrzehnte gesammelten Kenntnisse und Fähigkeiten gewinnbringend im eigenen Unternehmen eingesetzt werden.

Herausforderungen und Lösungsansätze

1. Gesundheit als entscheidender Faktor

Wo viel Licht ist, ist selbstverständlich auch Schatten. Die Gesundheit ist der größte Faktor. Ein Modul meiner Beratung widmet sich daher den Themen Absicherung und Gesundheit. Als Selbstständige müssen wir stärker auf uns achten – das bedeutet neben Bewegung und ausreichend Schlaf auch eine bewusste Ernährung.

Ein positiver Nebeneffekt der Selbstständigkeit: Die Auseinandersetzung mit vielfältigen Themen hält den Geist jung und aktiv.

2. Finanzierungsmöglichkeiten nutzen

Größere Kredite bekommt man ab Mitte 50 fast nicht mehr. Doch das bedeutet nicht, dass finanzielle Mittel nicht verfügbar sind. Eine Lösung kann Crowdfunding sein, weil gute Ideen Investoren anziehen oder im Vorverkauf finanziert werden können. Hier lohnt es sich, kreativ zu denken und neue Finanzierungswege zu erkunden.

Silverpreneure: Die unterschätzte Generation

Was ich an meinen Klienten besonders schätze, ist ihre Verlässlichkeit. Was besprochen wird, wird umgesetzt. Kein Drama. Geht nicht, gibt’s nicht. Die Leistungsbereitschaft und Motivation sind hoch, und sie sind stets bereit, die Extrameile zu gehen. Dieser Ehrgeiz ist mitreißend.

Dazu kommt die Reflektiertheit: Dank ihrer Lebenserfahrung wissen sie, wie man sich Informationen beschafft und Wissenslücken schnell schließt. Glücklich halten sie dann ihren Businessplan in der Hand und können ihre Pläne inklusive Finanzstrategie weiterentwickeln.

Wenn meine Silverpreneure loslegen, stoppt sie keiner. Und ich bin stolz auf sie – durfte ich doch als Gründungshebamme dabei sein.


Über die Autorin

Die erfahrene Gründungs- und Unternehmensberaterin unterstützt seit 1996 Existenzgründerinnen und Unternehmerinnen – mit besonderem Fokus auf neurodivergente Gründer*innen, insbesondere Menschen mit ADHS. Als BAFA-gelistete Beraterin und Autorin eines Fachbuchs zu ADHS kennt sie die besonderen Herausforderungen und Potenziale dieser Zielgruppe. Ihre Schwerpunkte liegen in den Bereichen Existenzgründung, Unternehmensführung und Karriereberatung, oft gefördert durch AVGS oder BAFA. Neben ihrer Beratungstätigkeit engagiert sie sich ehrenamtlich in der Bildungsberatung für Geflüchtete im IT-Bereich.

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